Das tapfere Schneiderlein - Die Isar bei Krün / Deutschland

Die Geschichten drehen sich um große Fische, viele Fische, schöne Fische. Normalerweise. Was folgt ist eine Geschichte vom scheitern. Von Daniel Jertz

Fliegenfischen an der Isar
14 Uhr, Dieter kommt zurück. Seine Körperhaltung spricht Bände. Auch bei seiner Brandbracken-Hündin "Aisha" scheint die Luft ein bisschen raus zu sein.

Die Isar kannte ich bisher nur  von Bildern oder von einem kurzen  anhalten und bestaunen. In den letzten Jahren habe ich auf meiner beruflichen  Autofahrten öfters einen kleinen Umweg gemacht um einen kurzen Blick auf diesen wunderschönen ursprünglichen Fluss zu werfen. Zum befischen habe ich mir diesen Fluss immer "aufgehoben". Mein Herz raste und jedes Mal und ich verabschiedete mich in Gedanken  immer mit dem Wort: irgendwann.....

Letztes Jahr sollte es dann nun  endlich  soweit sein. Nach einer Hausmesse wo mein Buddy Damir Dobric und ich als Binder und Werfer eingeladen  waren, stellte sich die Frage  wo wir die Tage anschließend  mit dem fischen verbringen  wollten. Isar bei Krün war unser Ziel. Den ganzen  Tag, während der Messe schon aufgeregt und in freudiger Erwartung, endlich diesen Fluss  zu befischen, holten  wir uns den ganzen Tag Informationen von Messebesuchern ein.

Jeder der zu mir kam um sich ein bisschen was aus dem Trickwurf  Bereich zeigen zu lassen wurde  von mir danach über die Isar gelöchert.

Abends hatten wir eine Fülle von Informationen  zusammen getragen und konnten es kaum erwarten das der neue Tag anbricht - der Tag an der Isar!

" Der Fluss hat mich in die Knie gezwungen."

Nympfe an der Isar Fliegenfischen
Jeden Stein haben wir auf links gedreht um herauszufinden, was die Fische fressen könnten. Nach gefühlten 20 Fliegenwechseln war Schicht im Schacht.

ANGELKARTEN? DIE HABEN WIR SCHON SEIT JAHREN NICHT MEHR…

In aller früh  machten wir uns auf den Weg zur Kartenausgabestelle. Eine Tankstelle  kurz  hinter der deutschen Grenze in Österreich. Die Mitarbeiterin schaute uns nur verdutzt an und sagte: Die Karten  haben wir schon  seit Jahren nicht mehr... Kann passieren, war halt eine Fehlinformationen. Google gefragt und die nächste Kartenausgabestelle angefahren. 

Nun waren schon einige Stunden vergangen. Mist, noch 1 Stunde warten bis die Gemeinde öffnet. Wir freuen uns aber schon mächtig, sind  aufgeregt  und guter  Dinge. Die Gemeinde öffnet und nach 20 Minuten anstehen sind wir an der Reihe. Endlich. Eifrig, fast stotternd sage ich: 2 Karten für die Isar bitte! Wie ein kleines Kind scharre ich mit dem Fuss. 

Überrascht  schaut mich der Mitarbeiter  an und sagt: die sind seit Wochen alle weg.

Schlagartig sackt  alles in mir zusammen und auch Damir sieht enttäuscht aus. Vor der Tür denken wir darüber nach eine weitere Kartenausgabestelle anzufahren. Aufgrund  der Informationen  im Internet  stellen wir  aber schnell fest das diese Samstags geschlossen haben. Es ist nun fast Mittags, wir beschließen den Heimweg anzutreten jedoch nicht  ohne einen weiteren  Blick in die Isar zu werfen....

Isar Fliegenfischer

NEUER ANLAUF, NEUES GLÜCK - DIESMAL MIT DIETER UND AISHA

Ich  sitze im schönen  Frühstücksraum des Hotel Sebaldus und genieße ein ausgiebiges Frühstück, die Sonne scheint,  der Himmel  ist blau. Das wird ein schöner Tag an der Isar werden - denke ich.

Ich komme mit meinem Tischnachbarn ins Gespräch. Er habe  gehört,  dass ich heute  zur Isar aufbrechen möchte und würde sich mir gerne anschließen. Er heißt Dieter Müller, so erfahre ich, und sein Jagdhund, der Ihn überall hin begleitet, hört auf Aisha. Ich willige gerne ein denn ich war schon die Tage zuvor alleine im Garmischer Land unterwegs und freue mich über ein wenig Gesellschaft . Das Wetter an den Tagen zuvor war zwar mäßig,  es regnete ständig, aber die Fischerei  an der begehrten traumhaften oberen Ammer war sehr erfolgreich.

Fliegenfischen an der Isar
Kanada? Alaska? Nein, das ist die Isar, der Fluss meiner Träume. Dass ich vor diesem Fluss kapitulieren würde, das war mir zum Zeitpunkt der Aufnahme noch nicht klar.

ENDLICH EINE TAGESKARTE

Mein Mitstreiter und ich sind nun an der Isar angekommen. Tageskarten in der Tasche. Perfekt! Ein kleiner  Traum wird wahr.

Wir steigen in das Isartal  hinab und bestaunen erst einmal diese grandiose Kulisse. Eingerahmt  von einem imposanten Bergpanorama bahnt sich  die Isar jedes Jahr aufs Neue einen Weg durch das von Menschenhand unveränderte Tal. Hier und da spaltet sich die Isar in 2- 3 Flussläufe auf so das man isn grübeln kommt welchen Abschnitt man nun nehmen soll. Einladend sieht hier alles aus. Einfach Malerisch schön.

Schon um 11 Uhr  ist es sommerlich heiß.

Wir beginnen mit dem Fischen. Systematisch fischen wir alle interessanten Stellen ab. Vielversprechende  Stellen gibt  es zu genüge.

Zwischendurch schieße  ich wie immer das ein oder andere Foto um diesen Tag, diesen Ort für immer festzuhalten.

Es ist nun etwa 14 Uhr. Ich möchte  ein wenig im Schatten unter einem Baum entspannen. Denke über den bisherigen Tag nach und freue mich darüber dieses schöne Hobby  ausführen zu können.

Ich beobachte meinen Begleiter aus großer  Entfernung. Erst jetzt fällt mir auf das wir noch  nichts  gefangen haben,  ja nicht mal einen Fisch sehen konnten. Meine Montage baue ich um, verlängere  das Vorfach, knüpfe gefühlt das 20 Muster an. Mein Mitstreiter schließt zu mir auf und beide philosophieren wir im sicheren Schatten was wir nun besser machen könnten.

Kapitulation und eine Stimmung wie beim Weltuntergang

Wir sind am Auto, stärken uns ein wenig mit regionalen Spezialitäten. Gefangen haben wir immer noch  nichts. Nach dem schwärmen über diesen wundervollen Ort folgt eine weitere Unterhaltung  über "taktische" Veränderungen bei unserer Pirsch.

Wir beschließen die Isar oberhalb vom Isarstausee zu befischen. Erster Blick ins Wasser: Mist, hier oben ist der Druck so stark das wir mit unserem feinen Gerät wohl nichts ausrichten  werden. Mit dem "druck" im Nacken noch nichts gefangen zu haben, wollen wir es aber trotzdem  auf Biegen  und Brechen  probieren.

Es fängt an wie aus Eimern zu regnen. Eine angenehme  Abkühlung an diesem Tag. Ein leichter Nebel Bildet sich auf dem Fluss. Es sieht schon fast Kitschig aus. Ich genieße diesen Moment kurz und beobachte wie mein Angelpartner die Fliege auswirft. Ein Magischer Anblick  wie er dort im Nebel steht und die Sonne durch den Nebel alles diffus erscheinen lässt.

Nun muss ich aber was fangen denke ich mir, der "druck" steigt. Mein feines Gerät, für die Strecke unterhalb noch perfekt, wird nun mit einem leichten Streamer bestückt. Für diese Fälle habe ich immer einige dabei. Als leidenschaftlicher Nympfenfischer ist das mein letztes verzweifeltes Mittel zum Ziel.

Direkt beim ersten auswerfen schwimmen 3 Regenbogner hinter dem mit Hasenfell bestückten  Streamer hinterher. Keine  bleibt am Haken. Die Strömung  ist zu schnell, der Druck  zu Groß. Mein Köder schlittert nur  an der Oberfläche. Vom Fliegenfischen  wie ich  es liebe ist diese Art des Fischens weit entfernt, dennoch MUSS  ich endlich etwas fangen. Ich übertreibe es, bastel 3 Bleischrote ans Vorfach  damit ich auf Tiefe  komme. Nichts! Vielleicht will ich  es zu sehr denke ich mir.

 

Es ist etwa 18 Uhr, über Mittenwald ziehen sich die Wolken zu, der Himmel  wird dunkel, fast schwarz!

Wir stellen das fischen sofort ein und bringen uns vor dem vermeintlichen kleinen Weltuntergang  der uns bevorsteht  in Sicherheit.

Verdammt - so fühlt es sich an als Schneider heim zu fahren.

Isar bei Krün zum Fliegenfischen
Helikopter der Bundeswehr im Tiefflug - grandios!
Fliegenfischen an der Isar

WAS BRAUCHEN WIR WIRKLICH? AUSREDEN ODER ERKENNTNISSE?

Nach diesem Tag habe ich mich mit vielen über die Isar unterhalten. Die meisten  sagten: Ja, die Isar ist ein Traum, es ist aber kein Fisch drin. Mit diesen Aussagen  möchte  ich mich nicht zufrieden  geben. Irgendwo muss der Fisch  in dieser unberührten Deutschen  Wildnis sein.

Verdammt,  irgendwo  muss  der Fisch sein. Ich hab schon Äschen gefangen wo es "keine" gab, Fische in Größen die in dem und dem Gewässer auch "nicht" vorkommen. Fische gefangen wo andere sich die Zähne ausgebissen haben.

Nun bin ich Schneider - Ein Fluss der mich  in die Knie gezwungen hat, ich würde beim nächsten  Mal nicht viel anders machen.

Darf man über  das Scheitern reden oder schreiben, ist das nicht zu Peinlich? Mir egal. Ich habe schon so viele schöne Fische an unterschiedlichsten Gewässern überlistet. Oftmals Fische gefangen die eigentlich aussichtslos waren. Ich denke mein Ego kann  das ab. Letztendlich war es auch ohne Fisch ein perfekter Tag an einem wunderbaren Ort.

 

Text & Bilder: Daniel Jertz

Fliegenfischen an der Isar bei Nebel
Ein Magischer Anblick wie er dort im Nebel steht und die Sonne durch den Nebel alles diffus erscheinen lässt.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0